Donnerstag, 15. August 2013

49 -

Wie sagte doch Pönlop Rinpoche " Der Wiener Flughafen ist wie Samsara, unendlich lange Wege und man weiß nicht, ob man jemals ankommt "

Wie wahr !

Sonntag, 2. September 2012

48 - Literarische Ausbeute aus Irland

I knew now, that all true stories are essentially the same story in the same way as they are different: they reflect the laws of life in both its sameness and its endless variations

John Mc Gahern "Memoir" p. 241


Dienstag, 8. November 2011

47 - Was Menschen kurz vor ihrem Tod bedauern

Da steckt eine Menge Weisheit drin .....


For many years I worked in palliative care. My patients were those who had gone home to die. Some incredibly special times were shared. I was with them for the last three to twelve weeks of their lives.

People grow a lot when they are faced with their own mortality. I learnt never to underestimate someone's capacity for growth. Some changes were phenomenal. Each experienced a variety of emotions, as expected, denial, fear, anger, remorse, more denial and eventually acceptance. Every single patient found their peace before they departed though, every one of them.

When questioned about any regrets they had or anything they would do differently, common themes surfaced again and again. Here are the most common five:

1. I wish I'd had the courage to live a life true to myself, not the life others expected of me.
This was the most common regret of all. When people realise that their life is almost over and look back clearly on it, it is easy to see how many dreams have gone unfulfilled. Most people had not honoured even a half of their dreams and had to die knowing that it was due to choices they had made, or not made.

It is very important to try and honour at least some of your dreams along the way. From the moment that you lose your health, it is too late. Health brings a freedom very few realise, until they no longer have it.

2. I wish I didn't work so hard.
This came from every male patient that I nursed. They missed their children's youth and their partner's companionship. Women also spoke of this regret. But as most were from an older generation, many of the female patients had not been breadwinners. All of the men I nursed deeply regretted spending so much of their lives on the treadmill of a work existence.

By simplifying your lifestyle and making conscious choices along the way, it is possible to not need the income that you think you do. And by creating more space in your life, you become happier and more open to new opportunities, ones more suited to your new lifestyle.

3. I wish I'd had the courage to express my feelings.
Many people suppressed their feelings in order to keep peace with others. As a result, they settled for a mediocre existence and never became who they were truly capable of becoming. Many developed illnesses relating to the bitterness and resentment they carried as a result.

We cannot control the reactions of others. However, although people may initially react when you change the way you are by speaking honestly, in the end it raises the relationship to a whole new and healthier level. Either that or it releases the unhealthy relationship from your life. Either way, you win.

4. I wish I had stayed in touch with my friends.
Often they would not truly realise the full benefits of old friends until their dying weeks and it was not always possible to track them down. Many had become so caught up in their own lives that they had let golden friendships slip by over the years. There were many deep regrets about not giving friendships the time and effort that they deserved. Everyone misses their friends when they are dying.

It is common for anyone in a busy lifestyle to let friendships slip. But when you are faced with your approaching death, the physical details of life fall away. People do want to get their financial affairs in order if possible. But it is not money or status that holds the true importance for them. They want to get things in order more for the benefit of those they love. Usually though, they are too ill and weary to ever manage this task. It is all comes down to love and relationships in the end. That is all that remains in the final weeks, love and relationships.

5. I wish that I had let myself be happier.
This is a surprisingly common one. Many did not realise until the end that happiness is a choice.  They had stayed stuck in old patterns and habits. The so-called 'comfort' of familiarity overflowed into their emotions, as well as their physical lives. Fear of change had them pretending to others, and to their selves, that they were content. When deep within, they longed to laugh properly and have silliness in their life again.

When you are on your deathbed, what others think of you is a long way from your mind. How wonderful to be able to let go and smile again, long before you are dying.

Life is a choice. It is YOUR life. Choose consciously, choose wisely, choose honestly. Choose happiness.

Donnerstag, 8. September 2011

46 - nächtliche Betrachtungen im freien Raum

UND WIE IST DAS MIT DER ANHAFTUNG ?

Welche Arten von zwischenmenschlichen Beziehungen kann man ohne Anhaftung pflegen ? Freundschaftliche Beziehungen ohne sexuelle Komponente ? Theoretisch müsste das die optimale Voraussetzung für eine anhaftungsfreie Beziehung sein. Aber sogar da taucht immer wieder ein gewisses Besitzstreben, eine gewisse Form der Eifersucht auf bzw ein Gefühl des Mangels und ein Element dieses Mangels ist, fürchte ich, die geringere Anhaftung. Anhaftung ist so leicht mit Liebe zu verwechseln, mit Sicherheit, mit Beständigkeit ...

Sehnsucht nach Liebe oder nach Anhaftung ? Gibt es Liebe ohne Anhaftung ? Und wenn ja, wie lebt man sie ? Wo liegt die Grenze zwischen Nicht-Anhaftung und Gleichgültigkeit ? Ist Nicht-Anhaftung überhaupt ein erstrebenswerter Zustand? Ist das dasselbe wie Freiheit ? Obwohl Freiheit ja eine absolute Illusion ist. Man ist nie frei, weil man sich immer noch selbst Grenzen setzt, auch wenn man sonst niemandem erlaubt es zu tun.

Und was unterscheidet die relative Freiheit vom totalen Ego-trip ? Gehört man nur sich selbst und ist nur sich selbst verantwortlich ? Und warum muss Freiheit so eine einsame Angelegenheit sein ? Trotzdem hat diese kleine Freiheit viele Qualitäten. Wäre da nicht die Sehnsucht nach ...... ja nach was ? nach Anhaftung ? nach Unfreiheit als Perversion der Liebe ? nach Grenzen innerhalb derer Sicherheit herrscht ? Sicherheit und Beständigkeit sind die größten Illusionen überhaupt.Und Sicherheit wovor ? Vor dem Leben ? vor anderen Menschen ?

Freitag, 22. Juli 2011

45 - THEORIE UND PRAXIS

Und wie schaut´s mit der Gelassenheit aus, wenn die Widrigkeiten von allen Seiten kommen ? So quasi mindestens eine Widrigkeit pro Lebensbereich........


 "Man muss die Dinge nehmen, wie sie kommen" ist ja auch meine Überzeugung, aber manchmal braucht das mehr Geduld als ich aufbringen kann. Und die Unterscheidung zwischen Situationen, die man so nehmen muss, wie sie sind und solchen, die sich vielleicht doch ändern oder wenigstens ein bisschen beeinflussen ließen, ist gelinde gesagt schwierig .....

"Man soll Emotionen weder unterdrücken noch ausagieren sondern einfach sein lassen". Find ich in der Theorie auch großartig, gelingt mir auch manchmal. Wenn ich aber jetzt gerade meine emotionale Befindlichkeit so sein ließe, wie sie ist, müsste ich mich in die nächste Ecke setzen und weinen. Das bringt aber eindeutig gar nichts. Also doch unterdrücken ? geht nicht, zu stark  Ausagieren ? auch nicht so gut, wie kommen andere Leute dazu, meinen Frust übergestülpt zu kriegen. Tja, was bleibt dann, doch "sein lassen" ???

"Alles ist vergänglich und geht vorbei " Das ist in einer unangenehmen Situation manchmal tröstlich. Obwohl es natürlich nicht heißt, dass eine schlechte Situation besser wird, sie kann ja auch noch schlechter werden.

Das einzige, was ich momentan wirklich aufbauend finde,ist das Zerlegen der Zeit in einzelne Augenblicke.Und in jedem Augenblick irgendwas Positives zu finden. Ist auch nicht direkt einfach, funktioniert aber ganz gut, zumindest  streckenweise .... 

Dienstag, 12. April 2011

44 - LEERHEIT

"Die Tatsache, dass die Welt der Manie aus ganz andern Schöpfungen als die der Depression bestand, lehrte ihn, dass letzten Endes alle im Bewußtsein auftauchenden Phänomene irreal sind. Jede Welt in der ein Mensch lebt, jedes private Universum, ob Wahnwelt oder nicht, ist nur das leere Produkt des menschlichen Geistes."

Edward Podvoll "Verlockung des Wahnsinns"

Dienstag, 15. März 2011

43 -

Kunst soll den Menschen nicht aus der Welt heraus- sondern in die Welt hineinholen

Freitag, 11. März 2011

42 -

" Da draußen auf dem Pier begann ich zu weinen. Jede Tür in mir stand offen und schlug in dem Wind, der immer stärker zu werden schien. "

Henning Mankell "die italienischen Schuhe"

Freitag, 25. Februar 2011

41 - "Buddha und die Wissenschaft vom Glück"

Ein äußerst empfehlenswertes Buch !!

Sogar das Vorwort von Eric Swanson ist schon sehr lesenswert:

" .... dass ein gewisses Maß an Leichtigkeit für die buddhistische Praxis wesentlich ist. Denn wenn, wie der Buddha in seinen ersten Belehrungen über das Erlangen der Erleuchtung darlegte, die Quintessenz des normalen Lebens Leiden ist, dann ist eines der effektivsten Gegnmittel das Lachen - vor allem das Lachen über sich selbst.Hat man erst einmal gelernt über sich selbst zu lachen, gewinnt jeder Aspekt von Erfahrung eine gewisse Heiterkeit " Vorwort p 20

Und dann hat mir der allererste Satz, den ich von Yongey Mingyur gelesen habe schon sehr gefallen:


"Wer als Buddhist ausgebildet und geschult worden ist, sieht den Buddhismus nicht als eine Religion an. Sie oder er betrachtet  ihn als eine Art Wissenschaft, eine Methode zur Erforschung unserer Erfahrungen mithilfe von Techniken, die eine bewertungsfreie und unvoreingenommene Untersuchung und Überprüfung unserer Handlungen und Reaktionen ermöglichen." p 25

Dienstag, 8. Februar 2011

40 - JENSEITS VON HOFFNUNG UND FURCHT



Na langsam bekomme ich eine vage Vorstellung davon, was damit gemeint ist

Freitag, 31. Dezember 2010

39 - MAITRI FÜR NEUROTIKER ?

The Mudra approach to theatre has a parallel in the Maitri project, which also got under way at this time.The idea for it arose from a discussion that Suzuki-roshi and I had concerning the need for a therapeutic facility for disturbed individuals interested in meditation. The Maitri approach to therapy involves working with different styles of neurosis through the tantric principles of the five Buddha families. Rather then beeing subjected to any form of analysis, individuals are encouraged to encounter their own energies through a meditation practice employing various posters in rooms of corresponding shapes and colours.

Chögyam Trungpa "Born in Tibet" p. 260

38 - KUNST

The fine arts in particular intrigued me. The manner in wich recent Western art cut through all hesitations to freely express whatever strange things came out of one´s head was certainly different from the oriental tradition in art.

Chögyam Trungpa "born in Tibet" p. 252

Sonntag, 21. November 2010

37 - ES FÄLLT MIR KEIN TITEL DAZU EIN

Die Mühe der Gegenwart, die Muße der Zukunft - ist das nicht ein fast selbstverständlich gewordenes Lebensgefühl der Leistungsgesellschaft ? Die Idee einer Entschädigung für Anstrengung und Leid in diesem Leben durch ein Paradies im Jenseits oder eine bessere Inkarnation bei der nächsten Wiedergeburt ist in den meisten Hochkulturen zu finden. Drückt sie aus, dass in allen die Last des "Unbehagens in der Kultur" zu schwer wurde ? Jedenfalls ist es wohl kein Zufall, dass die Industriegesellschaft mit ihrem Leistungsdenken und ihrem Wettbewerbszwang aus der christlichen Kultur hervorging, in der die Jenseitshoffnung schon immer eine große Rolle spielte.

Wolfgang Schmidbauer "Die Angst vor Nähe" p. 33




 
Dieses Foto entstand aus einer höchst verwirrten Situation: ich hatte das dringende Bedürfnis eine Runde durch den Wald zu drehen, eigentlich war`s aber schon zu finster dazu und plötzlich waren die Markierungen nicht mehr zu sehen und ich stand mitten im Wald nur mit Sternenlicht und ohne die leiseste Ahnung wie der Weg weitergeht. Zum Glück hatte ich - wie in fast allen Lebenslagen - meine Kamera mit und so konnte ich die Markierungen als Fotos sehen



Samstag, 23. Oktober 2010

35 - VORBEREITENDE LEKTÜRE AUF KARUNA TRAINING 2

Und nochmal Rosenberg zu einem besonders haarigen Thema:

"Aufgrund unserer Tendenz, in ein "Nein" oder ein "Ich-möchte-nicht ..." eine Zurückweisung hineinzuinterpretieren, ist es gerade bei diesen Botschaften sehr wichtig für uns, die Fähigkeit für eine empathische Reaktion zu entwickeln.

Nehmen wir solche Äußerungen persönlich, dann fühlen wir uns vielleicht verletzt, ohne zu verstehen, was im anderen tatsächlich vorgeht. Wenn wir jedoch das Licht unseres Bewußtseins auf die Gefühle und Bedürfnisse hinter einem "nein" richten, dann wird uns das Bedürfnis klar, das den anderen davon abhält, unseren Wünschen entsprechend zu reagieren"

Ich frage mich nur, wieso die Betrachtung der Gefühle und Bedürfnisse eines Menschen dann unbedingt dazu führen muss, dass der/die Betreffende so reagiert, wie man das gerne haben möchte. Klingt irgendwie manipulativ. Und im übrigen muss es ja auch möglich sein zu sagen "was du da willst, will ich aber nicht"

Freitag, 22. Oktober 2010

34 - VORBEREITENDE LEKTÜRE AUF KARUNA TRAINING :)

Marshal ROSENBERG
"gewaltfreie Kommunikation  p. 142

" Empathie für Stille

Schweigen ist für viele von uns die größte Herausforderung an unser Einfühlungsvermögen. Das gilt besonders dann, wenn wir uns verletzlich gezeigt haben und wissen möchten, wie andere auf unsere Worte reagieren. In solchen Augenblicken ist die Gefahr groß, dass wir unsere schlimmsten Ängste in den Mangel an Resonanz hineinprojizieren und vergessen, uns mit den Gefühlen und Bedürfnissen zu verbinden, die durch das Schweigen zum Ausdruck kommen.

Ich arbeitete einmal mit den Mitarbeitern eines Unternehmens, sprach über etwas sehr Bewegendes und fing an zu weinen.Als ich hochschaute, reagierte der Geschäftsführer auf eine Weise, die schwer anzunehmen war für mich: mit Schweigen.Er wandte seinen Blick mit einem Gesichtsausdruck ab, den ich als Abscheu interpretierte. Zum Glück dachte ich daran, meine Aufmerksamkeit auf das zu richten, was in ihm vorgehen mochte, und sagte:" Durch Ihre Reaktion auf mein Weinen habe ich den Eindruck, dass Sie empört sind und als Trainer für Ihre Mitarbeiter lieber jemanden hätten, der seine Gefühle besser kontrollieren kann."

Hätte er mit "ja" geantwortet, dann wäre es mir möglich gewesen, unsere unterschiedlichen Wertvorstellungen zu akzeptieren ohne irgendwie zu denken, dass mit mir irgendetwas nicht stimmt, weil ich meine Gefühle so ausgedrückt hatte wie kurz zuvor. Aber statt mit "ja" antwortete der Geschäftsführer mit "nein, gar nicht. Ich habe nur gerade daran gedacht, wie sehr sich meine Frau wünscht, dass ich weinen könnte." Er öffnete sich weiter und sprach davon, dass seine Frau, die sich gerade von ihm scheiden ließ, immer wieder darüber geklagt hatte, dass es sich mit ihm lebte wie mit einem Felsblock. "

Montag, 11. Oktober 2010

33 - SO stell ich mir das vor

"Es gibt nicht nur hundert oder fünfhundert, sondern noch viel mehr Laienanhänger, Männer wie Frauen, Schüler von mir, in Weiß gekleidet und sich an sinnlichen Freuden efreuend, welche meinen Anweisungen folgen, auf meinen Rat hören, Zweifel hinter sich gelassen haben, von Verwirrung frei geworden sind, Furchtlosigkeit erlang haben und in meiner Lehre unabhängig von anderen geworden sind."

Siddharta Gotama, Majihini-Nikaya

Dienstag, 31. August 2010

32 - direkte Wahrnehmung ?

Es ist nicht wahr, dass es für alles Worte gibt.Auch, dass man immer in Worten denkt ist nicht wahr. Bis heute denke ich vieles nicht in Worten, habe keine gefunden, nicht im Dorfdeutschen, nicht im Stadtdeutschen, nicht im Rumänischen, nicht im Ost- oder Westdeutschen. Und in keinem Buch. Die inneren Bereiche decken sich nicht mit der Sprache, sie zerren einen dorthin, wo sich Wörter nicht aufhalten können.
(...)
Wenn der Großteil am Leben nicht mehr stimmt, stürzen auch die Wörter ab
(...)
Dennoch der Wunsch: "Es sagen können"
(...)
Wenn ich erklären soll, warum für mich ein Buch rigoros ist und ein anderes flach, kann ich nur auf die Dichte der Stellen hinweisen (...) Stellen, die mir die Gedanken sofort dorthin ziehen, wo sich keine Worte aufhalten können.
(...) 
Das Kriterium der Qualität eines Textes ist für mich immer dieses eine gewesen: kommt es zum stummen Irrlauf im Kopf oder nicht.Jeder Satz mündet im Kopf dorthin, wo das, was er auslöst, anders mit sich spricht als in Worten.

Herta Müller "Der König verneigt sich und tötet" 

Donnerstag, 19. August 2010

31 -

"Sich öffnen, entspannen und loslassen"

15. August 2010, 21:43
Artikelbild: DIETER CHRISTOPH SINGER (49) ist Psychotherapeut, praktiziert seit seinem 20. Lebensjahr
Zen-Meditation. Er ist Zen-Lehrer in Wien und leitet Schweigewochen
unter anderem in Kroatien und im Lesachtal. 

 
  - Foto: privat

  • DIETER CHRISTOPH SINGER (49) ist Psychotherapeut, praktiziert seit seinem 20. Lebensjahr Zen-Meditation. Er ist Zen-Lehrer in Wien und leitet Schweigewochen unter anderem in Kroatien und im Lesachtal.

Einmal eine ganze Woche lang nichts reden und dabei trotzdem unter Menschen sein: Dieter Christoph Singer, Psychotherapeut und Zen-Lehrer im Interview

Standard: Wer entscheidet sich für eine Schweigewoche und warum?

Singer: Jeder Mensch hat Erfahrungen mit Stille, etwa in der Natur. Das sind oft sehr berührende Momente, und viele spüren die Kraft, die darin liegt. Doch Stille verflüchtigt sich schnell wieder. Die Menschen, die zum Schweigen zusammenkommen, bilden eine Gemeinschaft, die sie trägt. Allein kommt man viel leichter in Versuchung, sein Schweigen vorzeitig abzubrechen.

Standard:  Sind Lebenskrisen eine Motivation?

Singer: Kann sein, muss aber nicht. Es gibt in jedem Leben einen Punkt, an dem man sich fragt: War das jetzt eigentlich alles? Krisen geben da oft den Ausschlag. Oft ist die Motivation für eine Schweigewoche aber auch der Wunsch nach einer Einheit mit sich selbst und die Erfahrung, dass es etwas gibt, was über den eigenen Horizont hinausgeht. Stille ist eine Haltung, eine Achtsamkeit gegenüber sich selbst.

Standard:  Klingt religiös.

Singer: Schweigen hat in vielen Religionen Tradition, aber ist per se nichts Religiöses. Es geht darum, in eine Präsenz zu kommen, um Entspannung und Offenheit, die sich durch aufrechtes Sitzen und bewusstes Atmen einstellt.

Standard:  Bei Zen sitzt man viele Stunden. Ist das nicht auch rein körperlich schwierig?

Singer: Das aufrechte Sitzen, ohne sich dabei zu bewegen, hat sich über die Jahrtausende bewährt. Es öffnet, man sammelt sich, kann entspannen und loslassen. Eine gewisse Übung gehört natürlich dazu. Wer das lange Sitzen nicht schafft, kann auch liegen.

Standard:  Welche Rolle haben Sie in der Schweigewoche?

Singer: Ich begleite die Teilnehmer und mache Schweigen erfahrbar. Dafür gebe ich die Strukturen im Tagesablauf, orientiere mich an Zen-Traditionen. Sie schaffen einen äußeren Rahmen. Wer in die Stille geht, sollte stabil sein, um all die Gefühle, die entstehen, aushalten zu können. Stille kann ja auch Angst machen. Die Konfrontation mit sich selbst kann unerwartete Reaktionen hervorrufen. Wer will, kann aber täglich kurz mit mir sprechen.

Standard: Was ist das übergeordnete Ziel?

Singer:Das Herzstück des Schweigens ist, sich zu lösen von dem, was einen ständig beschäftigt und besetzt hält, und eine Welt wahrzunehmen, die im Alltag untergeht. In der Stille kann man sich selbst und die anderen sein lassen. Die Stille spricht von dem, was einen selbst in der Tiefe angeht, was einen berührt, wo man ganz man selbst ist. Das ist Lebensqualität. Paradox ist, dass, wenn das Denken zur Ruhe kommt, sich die Gedanken klären. Es gibt viele, die erzählen, dass sich nach einer Woche Schweigen Probleme lösen, viele haben aber einfach nur gute Ideen. Wenn Schweigen auf den ersten Blick auch als Einengung gesehen wird, so ist es eine Öffnung. Der Alltag erscheint in einem neuen Licht.

Standard: Wie oft sollte man schweigen?

Singer:Wer einmal erlebt hat, dass Stille ein Jungbrunnen für die Seele ist, will es nicht mehr missen. Idealerweise baut man eine halbe Stunde in den Alltag ein, legt alle drei Monate einen Schweigetag ein. Genaue Regeln gibt es nicht. Die meisten machen zweimal im Jahr eine Schweigewoche. 
(Karin Pollack, DER STANDARD, Printausgabe, 16.08.2010

Dienstag, 3. August 2010

30 -

Das prinzipiell Gute existiert nicht im Gegensatz zu irgend etwas Bösem in uns. Das Gute würde nicht erst dann in Erscheinung treten, wenn wir all unsere schlechten Gewohnheiten ausgerottet oder herausgefunden hätten, was unsere Eltern bei unserer Erziehung alles falsch gemacht haben, oder wenn wir schlank, schön und reich geworden wären oder unser Ideal einer vergeistigten Persönlichkeit verwirklicht hätten. Das prinzipiell Gute in uns ist nicht die "gute" Seite einer in Gut und Böse gespaltenen Welt.Wenn wir die Welt auf diese Weise einteilen - und sei es auch nur in Gedanken - stellen wir allen Dingen um uns herum automatisch Bedingungen und betrachten ein Ding als gut, wenn es diese Bedingungen erfüllt, und als schlecht, wenn es das nicht tut.

Doch das prinzipiell Gute ist un-bedingt , weil es nicht von irgendwelchen Begrenzungen, Beschränkungen oder Bedingungen abhängig ist. Es ist wie ein Felsen über den ein Fluss strömt. Der Felsen ist da, ob der Fluss warm oder kalt ist , ob er schnell oder langsam oder überhaupt nicht strömt

Jeremy Hayward "Heilige Welt" S.35

Sonntag, 20. Juni 2010

29 - HEILIGE AUS DER SICHT VON MILAN KUNDERA

"Soweit ich mich auf das verlassen kann, was die Lehrer uns erzählt haben, sahen die Christen im irdischen Leben nur ein Jammertal und freuten sich darauf, dass das wahre Leben nach dem Tode anfinge"

"Liebes Fräulein" sagte Bertlef "glauben Sie den Lehrern nicht"

"Und alle Heiligen" fuhr Olga fort "haben nichts anderes getan, als dem Leben zu entsagen.Statt einander zu lieben, geißelten sie sich, statt sich zu unterhalten wie wir, gingen sie in die Wüste, und statt sich telephonisch ein Abendessen zu bestellen, kauten sie Wurzeln."

"Sie verstehen die Heiligen überhaupt nicht. Es waren Menschen, die unendlich an den Genüssen des Lebens hingen, nur erreichten sie diese auf anderen Wegen.Was glauben Sie, ist für den Menschen der höchste Genuss? Sie können raten, würden aber schlecht raten, weil Sie nicht aufrichtig genug sind. Das ist kein Vorwurf,denn zur Aufrichtigkeit gehört Selbsterkenntnis. und zur Selbsterkenntnis ein gewisses Alter. Wie könnte ein Mädchen aufrichtig sein, das vor Jugend strahlt wie Sie ? Sie kann nicht aufrichtig sein, weil sie nicht einmal weiß, was in ihr steckt. Wüsste sie es aber, müsste sie mit mir übereinstimmen, dass der größte Genuss darin liegt, bewundert zu werden.

Olga gab zur Antwort, sie kenne bessere Genüsse.

"Das tun Sie nicht" sagte Bertlef "Nehmen Sie diesen Läufer, den hierzulande jedes Kind kennt, der dreimal hintereinander die Olympiade gewonnen hat. Glauben Sie, er habe den Freuden des Lebens entsagt ? Und dabei musste er zweifellos statt zu plaudern, zu lieben und zu schmausen, ständig auf einem Sportplatz im Kreis herum laufen. Sein Training sah dem sehr ähnlich, was unsere großen Heiligen getan haben.Makarios der Ägypter füllte, als er in der Wüste lebte, regelmäßig einen Korb mit Sand, band ihn sich auf den Rücken und wanderte damit viele Tage lang über die endlosen Ebenen, bis zur völligen Erschöpfung. Aber offensichtlich gab es für Ihren Läufer und für Makarios den Ägypter irgendeine große Entschädigung, die alle Mühen bei weitem wettmachte. Wissen Sie, was es bedeutet, den Beifall eines riesigen olympischen Amphitheaters zu hören ? (...) Der Heilige Makarios wusste genau, weshalb er einen Korb mit Sand auf dem Rücken trug. Der Ruhm seiner Rekordreisen verbreitete sich bald in der ganzen christlichen Welt (...) Der sehnliche Wunsch nach Bewunderung ist unstillbar.